Kürzlich fiel mir ein irgendwie etwas „schräges“ Stock-Foto ins Auge: Bildbeherrschend ist ein Wegweiser. Er zeigt links in Richtung „Comfort Zone“ und rechts Richtung „Success“. Das Schild scheint mitten auf einer Straße zu stehen. Sie führt durch Staub und Sand in eine bis zum Horizont reichende Wüstenlandschaft. So landschaftlich reizvoll Wüsten sein können, das Schild lässt ohnehin nur zwei Alternativen zu. Zumindest scheinbar. Denn tatsächlich ist die Aussage klar: Entweder Komfortzone oder Erfolg.
Warum kann es eigentlich in einer Komfortzone keinen Erfolg geben? Ist Erfolg schon deshalb ausgeschlossen, weil man sich bequem und behaglich eingerichtet hat? Kann ein Team nur dann erfolgreich sein, wenn es möglichst unbequem untergebracht ist? Warum geben sich dann gerade „hippe“ Unternehmen vor allem aus der IT-Branche so viel Mühe, „Wohlfühlräume“ zu schaffen?
Die Fragekette lässt sich von materiellen Räumen in die immateriellen Welten der Gedanken, Ideen, Verhaltens- und Arbeitsweisen verlängern: Was spricht hier gegen „Komfortzonen“? Werden Ideen brillianter, wenn die Gedankenwelt „unkomfortabel“ ist? Wohl kaum. Letztlich geht es beim Thema „Komfortzone“ darum, die berühmt-berüchtigten „ausgetretenen Pfade“ zu verlassen: Die vertraute Art, wie lange – oder gar immer – schon gedacht, gehandelt, gearbeitet wird.
Was aber macht diese vertraute Art des „immer schon so gemacht“ so attraktiv, so „komfortabel“? Der Schlüssel steckt im Wort „vertraut“: Es besteht ein Grundvertrauen darin, dass die bekannte und „vertraute“ Art zu denken, zu handeln, zu arbeiten funktioniert. Auch wenn sich die „Komfortzone“ eigentlich schon eine Weile gar nicht mehr so „komfortabel“ anfühlt: Außerhalb liegt die schreckliche, furchterregende Wüste des Unbekannten.
In meiner beruflichen Praxis habe ich die Angst vor der „Wüste des Unbekannten“ bei sehr spannenden Kundenprojekten erlebt. Es ging jeweils darum, eine ganzheitliche, themenorientiert denkende und integriert agierende Kommunikationsarbeit zu etablieren. Dafür braucht es (auch) passende „Tools“, die die gewohnten Excel-Tapeten ablösen sollten.
Das sollte eigentlich keine allzu schwierige Aufgabe sein. Es soll zwar insbesondere in Controlling-Bereichen Excel-Fetischisten geben, deren selbstprogrammierte Tabellen-Landschaften für sie selbst geradezu mystische Bedeutung haben. Die meisten Kommunikations-Profis werden diese Art Mystik allerdings kaum nachvollziehen können und diese Tabellen-Wüsten im Alltag auch nicht für sonderlich „komfortabel“ in der Anwendung halten.
Und doch gab (und gibt) es insbesondere in größeren Organisationen immer wieder Widerstände gegen neue Arbeitsweisen und die dafür nötigen Tools. Warum ist das so, wenn das bekannte Set-up im Alltagsgebrauch gar nicht sonderlich „komfortabel“ ist? Es fehlt ausgerechnet bei Menschen mit langer Berufserfahrung oft das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, in die neuen Arbeits- und Denkweisen umzuziehen und sich einzuleben. Der neue „Newsroom“ soll „cool“ sein – „cool“ wie „kalt“? Die jungen Kolleginnen und Kollegen nutzen die ganze Bandbreite der neuen Toollandschaften mit großer Selbstverständlichkeit? Meine Excel-Erfahrung zählt nicht mehr? Na, das wollen wir doch mal sehen!
Genau deshalb macht es Sinn, von einer Komfortzone in eine andere umzuziehen! Das gilt für neue Arbeitsweisen ebenso wie neue „Tools“. Wer nicht sicher ist, dass die neue Couch mindestens so bequem ist wie die alte, wird keine neue Couch haben wollen – und sei die alte noch so durchgesessen, von den Rotweinflecken ganz zu schweigen. Genau deshalb haben mein Team und ich eine möglichst komfortable „Tool-Landschaft“ gebaut. Sie lässt sich im Team ebenso wie individuell passend einrichten. Auf eine virtuelle Bar haben wir verzichtet – der Rotweinflecken wegen. Aber wir haben das richtige Symbolbild für die virtuelle Wand: Der Weg zum Erfolg führt in dieselbe Richtung wie der zur Komfortzone. Nur, dass der Weg in die neue Komfortzone kürzer ist…